Geschichte der Naginata
Die erste schriftliche Erwähnung der Naginata stammt aus der Heian-Epoche (10. Jahrhundert). Zu dieser Zeit war die Naginata unter den Fußsoldaten verbreitet und für die Kriegermöchen war sie die typische Nahkampfwaffe. Die adligen Krieger favorisierten im Gefecht zunächst den berittenen Schuß mit dem Bogen. Insbesondere bis zum 14. Jahrhundert war die Naginata eine wichtige Kriegswaffe, deren Handhabung zur Grundausbildung eines Samurai gehörte, wie auch der Schwertkampf, das Bogenschießen oder Reiten. In dieser Zeit kämpften Krieger von Stand idealerweise in Duellsituationen und es gibt viele Beschreibungen von Naginata-Kämpfern in der zeitgenössischen Literatur, zum Beispiel in der „Heike Monogatari“. Ebenso findet man viele Darstellungen auf Gemälden aus dieser Zeit, wie auf den Rollbildern zur Mongoleninvasion. Die beiden Stellschirme im Museum für Osatasiatische Kunst in Köln mit ihren Bildern zur Schlacht von Ichi no Tani bzw. um die Uji-Brücke sind weitere Beispiele. Der geneigte Beobachter wird auf beiden Gemälden im Getümmel Benkei entdecken.
Japanische Enterkommandos auf dem Weg zur mongolischen Flotte 1281
(aus „Illustrierte Geschichte der Mongoleninvasion“ aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, Künstler unbekannt)
Später wurde die Naginata nach und nach durch Lanze bzw. Pike (Yari) vom Schlachtfeld verdrängt. Diese Entwicklung ging einher mit dem Aufkommen der Massenheere und dem Kampf in enger Aufstellung. Ähnlich den europäischen Heeren der Renaissance setzte sich das Fußvolk ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in Japan fast ausschließlich aus Musketenschützen und Pikenträgern zusammen. Vor diesem Hintergrund war die Naginata keine vorteilhafte Waffe mehr für das Gefecht, denn ihr Einsatz benötigt Platz in allen drei Dimensionen, um die Klinge kraftvoll kreisen zu lassen.
In den unsicheren Zeiten der Bürgerkriege des 16. bzw. 17. Jahrhunderts wurden vermehrt Samuraifrauen im Umgang mit der Naginata geschult. Zur Verteidigung von Haus und Hof ermöglichte es die große Länge der Naginata, Eindringlinge (idealerweise mit einem Schwert bewaffnet) aus sicherer Distanz heraus zu kontrollieren. Die Hebelwirkung, resultierend aus der großen Länge, machte überdies das Ungleichgewicht an Muskelkraft wett. Berichte von Naginata-Kämpferinnen gibt es sogar noch aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Aufstände dieser Zeit gegen die Restauration der kaiserlichen Macht sind durch den Film „Last Samurai“ hinreichend bekannt geworden.
Diese Enwicklungen der jüngeren Zeit sind der Grund, warum Naginata heute in Japan überdurchschnittlich stark von Frauen praktiziert wird. In Europa oder Amerika dagegen ist das Geschlechterverhältnis ausgewogener.
Frauen des Hauses Shimazu während der Satsuma-Rebellion 1877
(Holzschnitt von Nagayama Umôsai von 1877)
Autor: Andreas Nicol